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11.05.2011

Betrugsprozess

Häftling soll im Knast Millionen ergaunert haben

Er sitzt seit Jahren im Gefängnis - doch gebessert scheint er sich dort nicht zu haben. Der Jurist Ludger W. soll aus der Zelle heraus mit dubiosen Geldanlagemodellen Hunderte Menschen um ihr Erspartes gebracht haben. Die Geschichte eines Millionencoups, wohl eingefädelt von einem Sicherungsverwahrten.

Die Justizvollzugsanstalt Aachen an der Krefelder Straße ist eine Trutzburg aus Panzerglas und rotem Backstein. Fast 700 Strafgefangene haben hinter den hohen Mauern Platz - und man könnte meinen, wer hier viele Jahre seines Lebens verbracht hat, wird wohl alles, wirklich alles dafür tun, bald wieder in Freiheit zu leben. Aber vielleicht ist diese Annahme auch naiv.

Ludger W., ein kleiner, untersetzter Mann mit schlohweißem Haar und Brille, trägt Jeans, ein offenes Hemd, er könnte Lehrer sein oder Busfahrer, auf jeden Fall sieht er nicht aus wie der Kopf einer Bande von Anlagebetrügern, für den die Staatsanwaltschaft ihn hält. W. ist Jurist und seit vielen Jahren Häftling in Aachen, verurteilt wegen Betrugs, Haft plus Sicherungsverwahrung gab es dafür. Doch W. soll noch aus der Zelle heraus seine Geschäfte betrieben haben.

Sie versprachen zwei Prozent Rendite - täglich

Laut Anklage hat der inzwischen 55-Jährige gemeinsam mit dem Ex-Mann seiner Lebensgefährtin, dessen Bruder und mit Hilfe zweier Anwälte ebenso gutgläubige wie gierige Anleger um insgesamt 3,9 Millionen Euro betrogen. Und das scheint einfacher gewesen zu sein, als man gemeinhin annehmen könnte.

Die Männer machten 2008 in Briefen, die sie vor allem in Süddeutschland verschickten, enorme Gewinnversprechungen: Für Einlagen über 1000 Euro sollten werktäglich zwei Prozent Rendite fällig werden. Mehr als 900 Menschen konnten dieser Versuchung nicht widerstehen. Sie überwiesen - teilweise auch nach eingehenden Beratungsgesprächen - bis zu 40.000 Euro auf Konten in Deutschland und der Schweiz.

In seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft sagte W. später, er habe die versprochenen Rendite mit Aktiengeschäften wirklich erwirtschaften und dann an seine Kunden weitergeben wollen. Doch daraus sei nichts geworden. Den Ermittlungen zufolge waren die Spekulationsversuche aber weder besonders engagiert noch erfolgreich. Irgendwann, als zu viele Betrogene auf die Barrikaden gegangen waren, flogen die Täter schließlich auf.

Akten zum Stöbern - und viele offene Fragen

Ungeklärt ist bislang, warum W.s Millionengeschäfte aus dem Gefängnis heraus möglich waren, warum jemand, von dem man wusste, dass er schon enorme Betrügereien begangen hatte, weiterhin im großen Stil mit Geld jonglieren konnte.

Die Aachener Justizvollzugsanstalt hat jedenfalls ohnehin keinen besonders guten Ruf, seitdem dort im November 2009 zwei Schwerverbrecher mit Hilfe eines Beamten ausgebrochen waren.

In dem Mammutverfahren, das am Mittwochmorgen vor der 1. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Aachener Landgerichts mit Befangenheitsanträgen gegen zwei Richter begonnen hat, soll der wohl aus der Zelle heraus organisierte "gewerbs- und bandenmäßige Betrug" aufgearbeitet werden.

Die beiden Anklageschriften umfassen jeweils 193 und 23 Seiten, hinter dem Richtertisch türmen sich Akten und in einer Ecke des Saals hat der Vorsitzende Kisten voller Beweismittel aufbauen lassen, "zum Stöbern" für die Anwälte, wie er lächelnd sagt. 33 Verhandlungstage sind für den Prozess angesetzt, bis in den November soll er voraussichtlich dauern.

"Wir sehen uns jetzt öfter", sagt ein Verteidiger im Hinausgehen noch zu seinem Kollegen. "Pech für uns beide."





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